Tief aus der Erde erklingt es.
Vibriert durch alle Erdschichten.
Erschüttert mein Da-Sein.
Das Lied mit seinem unbekannten Ton.

Ich erkenne ihn nicht, den Ton. Er erfüllt mich mit Furcht.
Ich fürchte mich vor ihm.
Ich ziehe mich zurück, will nichts hören.

Ich kurble meine Gedanken an. Lärmen sollen sie. Alles übertönen.
Es hilft nichts.
Musik. Laute Musik. Immer lauter.
So laut, bis vor lauter Lärm mir fast der Schädel platzt.
Nicht zum Aushalten.

Angst umwobene Gedanken
sehen nichts als Gefahren.
Erdbeben, Bergstürze,
Überschwemmungen, Vulkanausbrüche.

Abstellen. Alles. Urplötzlich wird es ganz still.
Die Stille erschreckt mich. Lässt mich mein Alleinsein spüren.
Wie unangenehm. Fast erdrückend.

Doch der einzige kleine feine Ton, der sich an meine Liebe anschmiegt,
lässt mich fein und zart erzittern. Wie Espenlaub.

Erwache, meine Liebste.
Erwache in dir, wie die Erde im Frühling.
Lass’ zu, dass der Samen in dir aufspringt.
So, wie es der Bestimmung aller Erdensamen entspricht.

Ich nehme die Stille um mich wahr. Diesmal als weiche, wohlwollende Energie.
Ein Geistesblitz: mütterliche Geborgenheit.
Und ein angstfreier Raum beginnt sich zu öffnen.
Ich lege mich hinein, in diesen Raum und höre den reinen Klang,
der ihn erfüllt.

Durch die Ritzen meiner Lebenswunden
strömt das Lied der Heilung
in den Körper hinein
und erfüllt jede Zelle mit seinem Klang.

Wie oft habe ich mich ungeliebt gefühlt.
Wie oft allein und einsam. Traurig und verlassen.
Nicht gesehen und nicht erkannt.
Wie oft war es mir zu viel, dieses Leben.
Und wie oft habe ich mich nach mehr Leben gesehnt?

Ich bin die Erde.
Ich leihe dir meine Kraft für deine irdische Existenz.
Alles, was mich ausmacht, macht auch dich aus.
Das Leben, das in mir schlummert,
schlummert auch in dir.
Du trägst meine Samen in dir.
Mein vibrierender Ton rüttelt sie wach,
damit das Leben daraus hervorbrechen kann.

Meine Gedanken werden ganz ruhig.
Meine Gefühle bäumen sich nicht mehr auf.
Mein körperliches Empfinden weitet sich.
Ein ganz neuer Duft strömt mir entgegen.
Der Geruch von frischer Erde.
Ich atme tief. So tief, wie ich noch nie geatmet habe.
Mit jedem Atemzug ziehe ich den Geruch in meine Zellen hinein.

Liebste,
so sehr verbunden bin ich mit dir.
So sehr bist du Teil von mir.
So sehr bin ich Teil von dir.
Niemals sind wir ohne einander unterwegs.
Bis zu deinem letzten Atemzug.
Und bis zu diesem Augenblick
erklingt mein Lied der Heilung in dir.

Leise stehe ich auf, tief berührt von meinem Erleben.
Der Sinn meines irdischen Da-Seins ist Heilung.
Auf einmal verstehe ich es. Mir wird ganz leicht ums Herz.
Der Sinn meines Da-Seins ist Heilung, also muss mein Lebensweg heilend sein.
Vom ersten bis zum letzten Atemzug. Begleitet vom Lied der Heilung der Erde.

Freude erfüllt mich. Zuversicht. Und eine ungeahnte Lebendigkeit.